Artist Residency am Mittersteig (ausgezogen)

März 2021

Der Shutdown des öffentlichen Lebens trifft Kunst- und Kulturschaffende besonders hart. Sie leben von Projekten, Austausch, Aktivität – und dem Publikum. Die Pandemie erschwert auch den internationalen Austausch: Seit einem Jahr werden viele internationale Programme abgesagt oder verschoben. Die eingeschränkte Reisefreiheit und andere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sorgen außerdem für fehlende Planungssicherheit.

Umso schöner, dass ein Programm in Wien jetzt trotzdem stattfinden kann: Die Vereinigung bildender KünstlerInnen der Wiener Secession und das Hotel Beethoven haben im Herbst gemeinsam eine Artist Residency ausgeschrieben. Über 200 internationale Künstler:innen haben sich beworben. Nach einer pandemie-bedingten Verzögerung ist es nun soweit: Seit Mitte Februar sind der Franzose Pierre-Olivier Arnaud und die Schwedin Laleh Kaezmi Veisari in Wien. Für sechs Wochen leben und arbeiten die beiden in der Stadt.

Internationale Künstler:innen in Wien

Pierre-Olivier Arnauds hinterfragt in seiner Arbeit das fotografische Werk das Wesen von Bildern, ihre Erscheinungsformen und Verbreitung. Seine Herangehensweise reiht sich ein in die Tradition von Praktiken, die auf dem Abfotografieren von Bildern beruhen; die von Arnaud geschaffenen Fotos sind also immer Bilder zweiter Hand, schon gesehene und gebrauchte Bilder. Ob aus Magazinen entnommen oder vom Künstler selbst während seiner Stadtspaziergänge – die ein wichtiger Teil seiner Praxis sind – aufgenommen, sie sind bar jeder Art von Originalität. Pierre-Olivier Arnaud, geb. 1972, lebt und arbeitet in Lyon.

Die interdisziplinäre Praxis der schwedischen Künstlerin Laleh Kazemi Veisari verbindet Zeichnung und Malerei mit Skulptur und schriftstellerischer Arbeit. In kollaborativen Prozessen erforscht sie das gesellschaftliche und ökologische Imaginäre. Abstraktion, Maßstab und Distanz sind die Werkzeuge, mit denen sie Installationen schafft, die diesen Analyse- und Reflexionsrahmen ermessen. Ihre Werke befinden sich in mehreren öffentlichen Kunstsammlungen in Schweden. Laleh Kazemi Veisari, geb. 1983, lebt und arbeitet in Stockholm.

Ateliers am Mittersteig

Die Organisator:innen der Artist Residency wandten sich bei Ihrer Suche nach Atelierräumlichkeiten für das Projekt an die Kreativen Räume Wien. Diese konnten erfolgreich mit dem Immobilieneigentümer JP Immobilien vernetzen. In dessen zweistöckigen Gebäude am Mittersteig im 4. Bezirk beziehen die beiden Künstler:innen für die sechs Wochen bereits ihre Atelier-Räume.

„Gerade in den jetzigen Zeiten freuen wir uns besonders, künstlerische Projekte in Wien mitermöglichen zu können“, sagt Uli Fries von den Kreativen Räumen Wien dazu.

Das Gründerzeit-Gebäude im Eigentum von JP Immobilien wird nicht nur von den beiden Künstler:innen kreativ zwischengenutzt. Bereits seit Jänner hat das Theaterkollektiv Nesterval hier temporär Büros und Proberäume eingerichtet. Die Räume im Erdgeschoß stehen aktuell leer.

Die Künstler:innen der Artist Residency sind bis Ende März in Wien. Sollten die aktuellen Maßnahmen es zulassen, wird es eine Abschluss-Veranstaltung geben.

Jährliches Austauschprogramm

Das Programm soll ab jetzt jährlich international und genreübergreifend ausgeschrieben werden: Die „Artist Residency“ richtet sich an alle Künstler:innen, die in den Bereichen Malerei, Bildhauerei, Fotografie, Performance und Neue Medien tätig sind und in Wien für sechs Wochen arbeiten oder recherchieren wollen. Neben dem Zimmer mit Halbpension im Hotel Beethoven Wien beinhaltet das Programm einen Arbeitsraum und ein Künstlergespräch mit einer Kuratorin der Wiener Secession.

Fotos: Katharina Egg